Am 08. Mai 2025 wurde Kardinal Robert Francis Prevost im Konklave zum 267. Papst der katholischen Kirche gewählt und nahm den Namen Leo XIV. an. Der aus den USA stam-mende Augustiner war zuvor Präfekt des Diskateriums für die Bischöfe. Seine ersten 100 Amtstage, die bis zum 15. August reichten, zeigten dabei sowohl Kontinuität mit seinem Vorgänger als auch deutliche Unterschiede in den Themen und vor allem in den Tönen.
Am 18. Mai 2025 feierte der neue Pontifex vor rund 200.000 Gläubigen und Staatsgäs-ten aus aller Welt seine offizielle Amtseinführungsmesse auf dem Petersplatz. Dort und bei seiner Rede vor den Kardinälen kurz nach seiner Wahl setzte Papst Leo erste inhalt-liche Akzente. Dabei nahmen die Themen Frieden, synodale Kirche und – interessanter-weise Künstliche Intelligenz – einen prominenten Stellenwert ein. Besonders die Frie-densthematik durchzog die gesamten ersten 100 Tage und manifestierte sich in konkre-ten diplomatischen Initiativen, z. B. im Ukrainekrieg und in der China-Politik des Vati-kans.
Ein weiterer zentraler Schwerpunkt war der Aufruf des neuen Papstes zur Einheit der Kirche. Dabei betonte Leo XIV. seine Vision einer „geeinten Kirche als Zeichen der Ein-heit und der Gemeinschaft, die zum Ferment einer versöhnten Welt werde“. Dazu ge-hörten auch versöhnende Gesten mit konservativen Kräften in der katholischen Kirche (Ernennung von Kardinal Robert Sarah als päpstlichen Gesandten für die 400-Jahr-Feier der Erscheinungen der heiligen Anna in Sainte-Anne-d’Auray, Frankreich), die zuletzt sein VorVorgänger Papst Benedikt XVI. gesetzt hatte.
Neben diesen neuen Themen bleibt Papst Leo bei einigen Themen aber auch der Linie seines Vorgängers Papst Franziskus treu. Zur Freude der Reformer:innen unter den deutschen Katholik:innen gehört dazu das Thema „synodale Kirche“. Am 26. Juni 2025 bestätigte Leo XIV. offiziell den Fahrplan für die Fortsetzung der von Franziskus begon-nenen Weltsynode bis Oktober 2028. Diese Entscheidung unterstrich Leo XIV.s Com-mitment, den von Papst Franziskus eingeschlagenen Weg zu einer synodalen Erneue-rung der Kirche fortzusetzen, auch wenn Papst Leo einen anderen Stil als sein Vorgän-ger pflegt und eigene Akzente setzt (>kath.de – Kommentar: „Alea iacta est“ – Der synodale Prozess der Weltkirche geht weiter.
Ein weiteres wichtiges Signal: Der Papst hat sich „unmissverständlich hinter die Null-Toleranz-Politik“ bei Missbrauch gestellt. Hinzu kommen klare Worte für den Schutz von Migrant:innen und zum Thema soziale Gerechtigkeit. Leo XIV. schlägt – mit bewussten Gesten und symbolischen Akzenten – eine „Brücke zwischen Tradition und Erneuerung“. So würdigte er bei den Feiern der Priester den Zöli-bat und betonte beim Jubiläum der Familien die traditionelle Ehelehre. Gleichzeitig setzt er die Reformen fort: Frauen in Führungsämtern, Synodalität, ökologische Verantwor-tung.
Neue Tonlage im vatikanischen Palast
Experten bewerteten die ersten 100 Tage als geprägt von inhaltlicher Kontinuität bei deutlichen stilistischen Unterschieden zu Franziskus, vor allem in der Kommunikation. Der neue Pontifex setzt dabei stärker auf einende Gesten und ruhige, aber nicht weniger klare Worte. Dazu kommt ein kooperativer Führungsstil, der anders als sein Vorgänger, die Kurie, der er bis zu seiner Wahl als Kurienkardinal angehörte, miteinschließt. Dazu nutzt Papst Leo – wie Papst Franziskus – auch personelle Entscheidungen, um Zeichen zu setzen (am 5. Juli 2025 ernannte Leo XIV. den französischen Erzbischof Thibault Ver-ny zum neuen Präsidenten der Päpstlichen Kinderschutzkommission).
Feuerprobe beim „Jubiläum der Jugend“ in Rom
Seine beiden Vorgänger Papst Franziskus und Papst Benedikt XVI. hatten jeweils kurz nach ihrer Wahl mit der Teilnahme an einem Weltjugendtag die Gelegenheit, Kontakt mit der jungen Kirche von Morgen herzustellen. Für Papst Leo XIV. gab es in diesem Sommer beim „Jubiläum der Jugend“ anlässlich des Heiligen Jahres 2025 in Rom einen „kleinen“ Weltjugendtag. Dieser wurde von Medienvertreter:innen als „Feuerprobe“ angesehen: ob der neue Pontifex einen Draht zur Jugend aufbauen kann? Und wie der Autor (der als akkreditierter Journalist am Jugendjubiläum teilgenommen hat) selber in Rom feststel-len konnte, hat Papst Leo die „Feuerprobe“ mit Bravour bestanden (s. kath.de – Kommentar Die katholische Kirche muss jugendnaher werden.
Fazit: Verbindung von Kontinuität und Erneuerung
Anders als bei Politiker:innen, wie Bundeskanzler Friedrich Merz, ist das päpstliche Pontifikat auf eine langfristige Amtszeit ausgelegt. Papst Leo setzt daher wie ein Mara-thonläufer, am Anfang nicht alles auf eine Karte. Er nutzt die verschiedenen Heilig-Jahr-Veranstaltungen dafür, kleine, aber dennoch wirkungsvolle Akzente zu setzen.
Die ersten 100 Tage von Papst Leo XIV. zeigten dabei einen Pontifex, der bewusst Konti-nuität und Erneuerung verbindet. Und dabei die katholische Kirche weder stark auf Tra-dition noch stark auf Reformen setzt. Erwartungshaltungen an schnelle Veränderungen dämpft er bewusst, gleichzeitig zeigt er sich aber auch offen für neue Zukunftsthemen, wie beispielsweise beim Jubiläum der digitalen Missionare und katholischen In-fluencer:innen.
Während der neue Pontifex inhaltlich viele Linien seines Vorgängers fortsetzte, etablier-te er auch eigene Themen und vor allem einen eigenen Stil päpstlicher Führung und Kommunikation. Seine Betonung der Kircheneinheit, der kooperative Umgang mit der Kurie und die symbolische Rückkehr zu traditionellen Formen signalisierten den Ver-such, Traditionen und Reformen in einem ausgewogenen Verhältnis zu vereinen. Und dies mit leiseren Tönen als sein Vorgänger, aber dennoch mit nicht weniger klaren Tö-nen. Wir dürfen gespannt sein, welches Thema die erste Enzyklika des neuen Papstes (an dessen Grundzügen Papst Leo nach Vatikanangaben in seinem Sommerurlaub im Cas-tel Gandolfo gearbeitet hat) haben wird. Und nach dem zeitaufwändigen „Heiligen Jahr 2025“ werden dann auch die ersten Auslandsreisen von Papst Leo neue Akzente set-zen.
Lesetipp: In unserem Partnerportal explizit.net gibt es mehrere Interviews mit Vertreter:innen der katholischen Kirche in Deutschland zum Thema „100 Tage Papst Leo“. Weitere Informa-tionen gibt es auf der Website: https://explizit.net/kirche/.
Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)