Kampf gegen Periodenarmut

Meine Uni, die Westfälische Hochschule, hat sich nach einer Testphase dazu entschieden, kostenlose Menstruationsprodukte in sämtlichen Damentoiletten der Einrichtung zur Verfügung zu stellen. Aktuell werden in immer mehr Schulen und öffentlichen Einrichtungen Periodenspender aufgestellt. Längst überfällige Pilotprojekte, die dringend nach einer gesetzlichen Regelung verlangen: Kostenfreier Zugang zu Hygieneartikel in allen öffentlichen Gebäuden, Universitäten, Schulen und Ämtern!

SouthernSun auf Pixabay

Bis zu 20.000 Euro geben Frauen im Laufe ihres Lebens für ihre Periode aus. Der Wert eines Kleinwagens. Eine Studie der Huffington Post, in der über 2000 Frauen im Alter von 18 bis 45 Jahren befragt wurden, zeigt, dass mehr als 50 Prozent der befragten Frauen Geld für Binden und Tampons ausgibt. Einwegprodukte, die jeden Monat wieder angeschafft werden müssen. Hinzu kommen auch Unterwäsche und Schmerzmittel. Alle befragten Frauen äußerten den Wunsch, dass diese Hygieneartikel weniger kosten sollten. Für einkommensschwache Haushalte ist das eine schwierig zu stemmende Summe, vor allem, da in vielen Haushalten oftmals noch Mädchen und junge Frauen leben, die selbst kein eigenes Einkommen haben. Die frauenpolitische Sprecherin der baden-württembergischen Grünen-Landtagsfraktion, Stefanie Seemann, forderte deshalb, dass in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen oder Universitäten, aber auch in privaten Unternehmen, Hygieneartikel wie Binden und Tampons kostenlos bereitliegen sollen.

Schottland als Vorreiter

Als die schottische Regierung 2020 ankündigte, kostenlose Periodenprodukte in öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, stieß dieser Gesetzesentwurf bei vielen Männern zunächst auf Kritik und Entrüstung. Von Unfairness war in vielen Kommentaren im Internet die Rede. Einige forderten sogar, dass Männer künftig auch Rasierschaum umsonst bekommen sollten. Dabei sind Periodenprodukte für uns Frauen eine Notwendigkeit, ohne die wir nicht am sozialen Leben teilnehmen können. Ein Mann kann unrasiert problemlos zur Arbeit gehen, sich in eine Vorlesung setzen oder Sport treiben. Eine menstruierende Frau hingegen wäre von all diesen Aktivitäten ohne die entsprechenden Hygieneprodukte ausgeschlossen.

Seit diesem Sommer ist daher in Schottland der kostenlose Zugang zu Tampons und Binden in schottischen Bildungseinrichtungen und städtischen Einrichtungen letztendlich doch gesetzlich geregelt worden. Zuvor trat diese Regelung bereits 2021 an Schulen in Kraft. Damit müssen in Bildungseinrichtungen sowie auch in städtischen Einrichtungen kostenlose Periodenprodukte für alle, die es brauchen, zur Verfügung. Somit ist Schottland eines der ersten Länder mit diesem längst überfälligen Gesetz.

Periodenarmut

Eine Erhebung der Hilfsorganisation Plan International aus dem Jahr 2017 stellte heraus, dass sich beispielsweise in England etwa zehn Prozent der Mädchen und Frauen im Alter von 14 bis 21 Jahren keine Menstruationsprodukte leisten können. Weitere 15 Prozent hatten bei der Anschaffung große finanzielle Schwierigkeiten. Für Deutschland ergab die Erhebung, dass jede zweite Frau sich besser mit Menstruationsprodukten eindecken würde, wenn sie weniger kosten würden. Bei uns hat fast jeden vierte Frau finanzielle Schwierigkeiten sich mit solchen Produkten einzudecken. 15 Prozent gaben sogar an, den Wechsel der Hygieneartikel wegen Geldmangels hinauszuzögern und so wissentlich die Gefahr einer Infektion oder eines toxischen Schocksyndroms in Kauf zu nehmen. Dieser Zustand wird als Periodenarmut bezeichnet.

Produkte des täglichen Gebrauchs

Dass die Politik bisher kaum etwas gegen die Periodenarmut getan hat, liegt auch daran, dass das Thema Menstruation immer noch stigmatisiert wird. Selbst im Jahr 2022 gilt sie noch als "unrein" und schmutzig, sodass man sogar als Frau meist nicht darüber sprechen möchte, schon gar nicht öffentlich. So reicht man sich auf der Arbeit oder in der Schule heimlich gegenseitig Binden und Tampons zu, als würde man mit Drogen dealen. Trotz der Tatsache, dass Menstruation fast die Hälfte der globalen Bevölkerung betrifft, ist sie immer noch ein Thema, das wenig bis gar nicht politisch diskutiert wird. Bis 2019 galten Periodenprodukte wie Tampons, Binden und Menstruationstassen in Deutschland nicht einmal als „Produkte des täglichen Gebrauchs“, die mit ermäßigten 7 statt 19 Prozent besteuert werden. Lachskaviar oder Schnittblumen hingegen schon. Der erste Schritt in eine bessere Richtung wurde mit der Senkung der Mehrwertsteuer auf 7 Prozent Anfang Januar 2020 getan.

Keine Perioden-Pannen mehr

20.000 Euro ein Leben lang. Runtergerechnet entspricht das etwa 500 Euro im Jahr. Durchschnittlich 20 - 40 Euro im Monat, bei der einen Frau mehr, bei der anderen weniger. Für obdachlose Frauen, einkommensschwache Familien oder Sozialhilfeempfängerinnen kann selbst das Aufbringen von fünf Euro im Monat für Binden und Tampons schwierig sein. Bei der Forderung nach kostenlosen Periodenprodukten in öffentlichen Einrichtungen geht es deshalb nicht darum, jede Frau mit einem kostenlosen Hygienepaket zu versorgen, sondern einkommensschwache Frauen unter die Arme zu greifen und auch generell Perioden-Pannen zu vermeiden. Mädchen oder junge Frauen mit um die Hüfte gewickelten Jacken oder Pullis, die eine “Panne” kaschieren, sollte es im Jahr 2022 nicht mehr geben. Seife und Toilettenpapier stehen schließlich auch in allen Toiletten kostenlos zur Verfügung. ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

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