Zwei-Klassen Flüchtlingspolitik

Der Ukraine-Krieg erschüttert nach wie vor die täglichen Berichterstattung. Seit Beginn des Konflikts sind rund 6,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Eine noch nie dagewesene EU-Massenzustrom-Richtlinie vereinfacht den ukrainischen Flüchtlingen das Ankommen in Deutschland. 2015 gab es zwar auch einen Massenzustrom von Geflüchteten, jedoch keine Sonderregelungen. Nun scheinen die Verantwortlichen, das wieder gut machen zu wollen, nur dafür müssten sie die Gesetzeslage für alle Flüchtlinge anpassen und auch die geflüchteten Menschen bürokratisch entlasten, die bereits in Deutschland leben.

kalhh auf Pixabay

Das Thema Flucht und Migration ist schon seit einigen Jahren ein hoch diskutiertes Thema und vor allem eine belastende, alltägliche Situation für die Betroffenen, die regelmäßig zu den Ämtern gehen müssen. Die beschämende Aussage von CDU-Politiker Armin Laschet „2015 darf sich nicht wiederholen“ gilt nun plötzlich nicht mehr. Der Krieg in der Ukraine hat gezeigt, dass Flüchtlingspolitik in Europa auch ganz anders gehen kann, nur halt nicht für alle.

Auf der Flucht vor dem Krieg sind nicht alle gleich

2015 mussten geflüchtete Syrer die Balkanroute auf sich nehmen und erlebten auf ihrem Weg nach Europa Schlagstöcke und Stacheldraht. Vergangenen Winter sind Menschen an der Grenze von Belarus zu Polen erfroren. Heute werden Ukrainer:innen mit dem Zug in Sicherheit gebracht, sie werden warmherzig empfangen und die Politik senkt für sie die bürokratischen Hürden. Eine Änderung bei der Aufnahme von Flüchtlingen war schon seit Jahren überfällig. Die Aufnahme der Flüchtlinge, die 2015 in Massen in die EU kamen, kann man nun nicht mehr rückgängig machen, jedoch zeigt der Umgang mit den ukrainischen Geflüchteten, dass sich auch der Umgang mit nicht-europäischen Flüchtlingen ändern muss.

Über 2.700 Migranten starben laut der Internationalen Organisation für Migration der UN im vergangenen Jahr auf den Fluchtrouten in und nach Europa. Kaum einer macht sich ohne zu überlegen auf den Weg mit einem Schlauchboot über das Mittelmeer. Auch würde niemand leichtfertig das Leben seiner Kinder riskieren, in der Hoffnung auf den Bezug von Sozialleistungen. Dies wird vielen Flüchtlingen nicht europäischer Herkunft vorgeworfen und rechtfertigt in der Gesellschaft oftmals die unterschiedliche Behandlung von Geflüchteten.

Asyl-Duldung, Aufenthaltstitel, Niederlassung

Für Menschen aus der Ukraine gilt die EU-Massenzustrom-Richtlinie. Diese koordiniert die EU-weite Aufnahme von einer großen Anzahl Geflüchteter, unabhängig der jeweiligen nationalen Asylverfahren und des Dublin-Systems und wurde kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges zum allerersten Mal aktiviert. Dadurch erhalten ukrainische Geflüchtete ein Aufenthaltsrecht bis zu drei Jahren ohne Asylverfahren, eine sofortige Arbeitserlaubnis und den Anspruch auf Sozialleistungen und Krankenversicherung. Bei den Flüchtlingen, die nicht aus der Ukraine kommen, ist der Aufenthaltsstatus meist nicht von Anfang an klar. Es gibt hier mehrere Stufen, die ein geflüchteter Mensch durchlebt. Nach der Registrierung müssen die Menschen Asyl beantragen, was mehrere Jahre Zeit in Anspruch nehmen kann. In dieser Zeit und im Falle einer Ablehnung leben die Menschen unter einer Duldung. Sie haben keinen Anspruch auf einen Sprachkurs oder eine Arbeitserlaubnis. Eine Ablehnung tritt ein, wenn eine Rückkehr in ihr Heimatland “zumutbar” ist. Viele bekommen daraufhin daher lediglich befristete Aufenthaltstitel und dürfen nicht aus einer bestimmten Stadt ausziehen oder gar Deutschland mal für einen Kurztrip verlassen. Denn obwohl die Situation in den Herkunftsländern der Geflüchteten gefährlich ist, werden nicht alle als Asylsuchende anerkannt oder bekommen den subsidiären Schutzstatus. Das bedeutet, dass die Flüchtlingspolitik in Deutschland Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind, nicht unbedingt als Schutzsuchende anerkennt. Das bürokratische Chaos der Status-Politik ist selbst für deutsche Muttersprachler kaum zu durchblicken, für Geflüchtete oftmals pure Verzweiflung.

Flucht ist in allen Fällen gleich

Der Unterschied zwischen offiziell anerkannten Flüchtlingen, denjenigen mit subsidiärem Status und denjenigen mit keinem Schutzstatus wird durch Regelungen ausgemacht, die man ganz offensichtlich lockern und humaner gestalten kann, wie die Sonderregelung für ukrainische Flüchtlinge zeigt. Genauso wenig wie ein ukrainisches Mädchen zurück nach Kiew geschickt werden darf, sollte auch ein syrischer oder kurdischer Jugendlicher, dem in seiner Heimat die Verfolgung als “Regimegegner” droht, nicht zurückgeschickt werden dürfen. Beide haben das Recht, sich ein sicheres Leben aufzubauen und Teil unserer Gesellschaft werden zu können, ohne bürokratische Hürden und Angst vor ihrem Aufenthaltsstatus.

Jetzt ist der Moment für die Bundesregierung Gesetze und Regelungen für alle Flüchtlinge neu zu beschließen, beziehungsweise die Rechte der Flüchtlinge aus dem nicht-europäischen Raum anzupassen und dem systematischen Rassismus von Geflüchteten ein Ende zu setzen. Denn weder kulturelle Herkunft, Geschlecht noch Religion darf einen Unterschied bei der Behandlung von geflüchteten Menschen sein. Wenn Flüchtlingen nicht-ukrainischer Herkunft bei der Aufnahme schon nicht die "Sonderregelung" der EU-Massenzustrom-Richtlinie zuteil wurde, dann müssen sie doch spätestens jetzt die gleichen Recht erhalten wie andere Kriegsflüchtlinge. ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

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