Dem Stern folgen zum Frieden

Was würde die Heiligen Drei Könige wohl heute in Bethlehem erwarten? Christian Schnaubelt, explizit.net-Chefredakteur hatte die Gelegenheit, Bethlehem zu besuchen und dort mit Christinnen und Christen über ihre heutige Situation in der Geburtsstadt Jesu Christi zu sprechen.

Am 6. Januar haben wir den Dreikönigstag gefeiert. Die „Weisen aus dem Morgenland“ folgten dem „Stern über Bethlehem“ zum Geburtsort Jesu Christi in Bethlehem. Doch was würde die königlichen Besucher heute – 2020 Jahre später – bei ihrer Ankunft in Bethlehem erwarten?


Die Mauer versperrt den Weg zur Krippe (Foto: Schnaubelt)

Im November letzten Jahres hatte ich die Gelegenheit, Bethlehem zu besuchen und dort mit Christinnen und Christen über ihre heutige Situation in der Geburtsstadt Jesu Christi zu sprechen. Denn für die christliche Minderheit hat sich die Situation in den letzten Jahren stark verändert. Auch wenn die Zahl der Touristen 2019 wieder gestiegen ist und damit neue Hoffnung auf höhere wirtschaftliche Einnahmen für Bethlehem aufkommt, haben sich die Christen auf kleine Gemeinschaften in ihren Gemeinden in Beit Sahour und Beit Jala zurückgezogen. Hier leben sie „sicher“ und größtenteils „in guter Nachbarschaft“ zur muslimischen Mehrheit. Sie engagieren sich vielfältig in den Stadtteilen und sozial im Caritas-Babyhospital unweit der israelischen Sperranlage zwischen Bethlehem und Jerusalem. Doch gerade diese Sperranlage – besser bekannt als die „Mauer von Bethlehem“ – ist die größte Herausforderung.

„Früher stand ich in Berlin…“

Der acht Meter hohen „Mauer“ würden auch die Heiligen Drei Könige gegenüberstehen, wenn sie heute zur Geburtskirche in Bethlehem reisen. Die Sperranlage wurde zwischen Israel und dem Westjordanland auf einer Länge von rund 760 Kilometern errichtet. „Früher stand ich in Berlin, nur dort war das Bier besser“ steht in Englisch auf einem Graffiti an der Mauer. Die „Mauerkunst“ – bekannt vor allem durch die Werke des Künstlers Banksy – drückt vor allem eins aus: Den Wunsch nach Frieden und Freiheit. Denn nur mit den richtigen Ausweispapieren kann die Sperranlage nach Jerusalem passiert oder in Israel gearbeitet werden. Auch die Reise ins Ausland ist für viele in Bethlehem nur über das Nachbarland Jordanien möglich.

Doch gerade die Einschränkung der Arbeits- und Reisemöglichkeiten stellt eine große Herausforderung für die Zukunft der Stadt dar. Viele junge Menschen verlassen Bethlehem zum Studieren, lernen und arbeiten größtenteils im Ausland. Dadurch fehlen ein bis zwei Generationen vor Ort. Auch wenn viele Kinder auf den Straßen Bethlehems zu sehen sind, überwiegen doch alte Menschen.

Die Mauer versperrt den Weg zum Frieden an der Krippe

Trotzdem haben die Menschen vor Ort die Hoffnung auf Frieden nicht aufgegeben. Ein Symbol für diese Hoffnung ist die „Mauerkrippe aus Bethlehem“. In der Olivenholzkrippe versperrt die Sperranlage den Heiligen Drei Königen ihren Weg zur Krippe in Bethlehem. Doch Frieden kann die Mauer überwinden und so kann das trennende Mauerholzstück mit einem beherzten Griff aus der Krippe rausgezogen werden. Dann ist der Weg frei für die Heiligen Drei Könige und für die Menschen in Bethlehem.


Der Weg zum Frieden ist frei (Foto: Schnaubelt)

Ein Hoffnungszeichen ist das „Friedenslicht aus Bethlehem“, welches zwischen Weihnachten und den Heiligen Drei Königen in 25 europäischen Ländern und den USA durch die Pfadfinder an „alle Menschen guten Willens“ verteilt wurde. Auf seiner Reise überwand es viele Mauern und Ländergrenzen und an der Weitergabe beteiligen sich seit 2019 auch muslimische Pfadfinder in Deutschland.

Hoffnungszeichen: Sternsinger und Friedenslicht

Ein weiteres Hoffnungszeichen sind die Sternsinger, die in diesen Tagen unter dem Jahresmotto „Frieden“ durch die Straßen ziehen und den Segen Gottes „C+M+B“ für das neue Jahr von Tür zu Tür tragen. Auch sie haben dabei mit Herausforderungen zu kämpfen, aber das ehrenamtliche Engagement tausender Kinder und Jugendlichen macht mir Mut. Wenn bereits Kinder für den Frieden und für andere Kinder einstehen, müssten wir Erwachsene das doch auch schaffen.

Zurück ins Heilige Land: „Wirklicher Frieden“ kann aus Sicht vieler Menschen in Bethlehem und Jerusalem nur durch eine „Zweistaaten“-Lösung und die Anerkennung Palästinas als eigenständigen Staat erfolgen. Dies habe ich bei meiner Reise durch das Heilige Land nicht nur von christlichen, sondern auch von jüdischen und muslimischen Bürgern oft gehört. Doch dafür braucht es …

Mut zum Frieden

… und internationale Unterstützung. Die Bundesregierung, die Europäische Union und die Kirchen sind gefordert, den politischen und interreligiösen Dialog zu intensivieren, um den Menschen in Bethlehem – egal welcher Religion – eine Zukunft zu geben!

Dies gilt besonders auch für die Flüchtlinge, die in den Camps rund um Bethlehem leben. Das Hilfswerk der Vereinten Nationen UNRWA sprach 2017 von etwa 5 Millionen registrierten arabischen Flüchtlingen in Palästina, die oft „staatenlos“ sind und deren Aufenthaltsstatus von Generation zu Generation weitervererbt wird. Ohne Pass haben sie kaum Chancen auf Arbeit und keine Chance zu reisen.