Kaum eine Brücke steht in Deutschland für so viel wie die Talbrücke Rahmede. Einerseits für kaputte Infrastruktur, Vollsperrung, Staus und Umwege sowie andererseits für Politik, die Verfahren für den Brückenneubau verkürzt hat, für eine schnelle Bauzeit und eine feierliche Wiedereröffnung. Doch gerade an Weihnachten wird deutlich: Brücken verbinden viel mehr als nur zwei Täler…
Die Geduld in der Stadt Lüdenscheid wurde während der Bauzeit von zwei Jahren und zwei Monaten auf eine harte Probe gestellt. Die Anwohner haben gemeinsam, mal mehr, mal weniger meckernd, geduldig den Autobahnverkehr in ihrer Stadt ertragen. Am Ende ist alles gut geworden. Die Stadt hat zu Weihnachten mit der Wiederfreigabe des ersten Brückenabschnitts auf der A45 ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk bekommen. Die Infrastruktur wurde wiederhergestellt. Pendler, Lieferanten, Spediteure und Co. kommen nun wieder ohne lange und teure Umwege zum Ziel.
Gemeinsames Handeln in schweren Zeiten
All das wäre nicht möglich gewesen, wenn Politik, Wirtschaft und Bürger nicht gemeinsam durch diese schwere Zeit gegangen wären.
Eine Brücke steht nicht nur als Stahl- oder Betonkoloss in der Landschaft. Sie ist viel mehr als nur ein Bauwerk. Sie verbindet zwei Talhälften miteinander. Bildlich gesprochen bedeutet es, dass sie auch Menschen miteinander verbindet. Es wird deutlich, dass man alles gemeinsam schaffen kann, wenn man nur will.
Bei Planungen müssen Kompromisse eingegangen werden, es entsteht Streit bei der Umsetzung eines gemeinsamen Ziels: der Verfolgung von gemeinsamen Interessen mit unterschiedlichen Wegen. Und doch nähert sich das trennende Tal mit dem Bau einer Brücke an. Schritt für Schritt. Ganz langsam, kaum sichtbar. Plötzlich steht sie da. Man hat einen Kompromiss oder auch einen Weg für eine gemeinsame Zusammenarbeit gefunden. Die Kontrahenten stehen sich nun jeder auf seiner Seite der Brücke gegenüber und können sich die Hand geben. Sie haben es geschafft. Sie sind erleichtert, dass es doch so schnell funktioniert hat.
Eine Brücke verbindet nicht nur Täler, sondern auch Menschen
Sie trennen keine Abrisskanten mehr, sie sind nicht mehr nur getrennt, sondern haben gemeinsam an einer Sache gearbeitet. Und doch muss eine Brücke immer gewartet werden, damit die Verbindung von Straße zur Brücke nicht bröckelt und plötzlich ein Bauwerk in der Landschaft steht, wo eine Verbindung fehlt, weil sie brüchig geworden ist.
Auf die Gesellschaft bezogen bedeutet es: zuhören, aushalten und miteinander sprechen. Nur so findet man einen gemeinsamen Nenner, mit dem gearbeitet werden kann. Denn Nächstenliebe ist kein Gefühl, sondern eine Haltung. Sie dient dem Gemeinwohl und einer solidarischen Haltung, in der sich um andere gekümmert wird. „Ich nehme dich so an, wie du bist“, ist wohl die Kernaussage des Begriffes Nächstenliebe.
Brücken tragen viel Verantwortung
Um bei dem Bild der Brücken zu bleiben: Sie entstehen dort, wo Menschen bereit sind, Verantwortung füreinander zu übernehmen und nicht ausschließlich ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Eine Brücke trägt und verbindet Menschen nicht nur statisch, sondern auch symbolisch. Sie hält viel aus, weil sie durch Menschen in unterschiedlichen Betrieben gemeinsam gebaut wurde. Menschen haben eine gemeinsame Sache im Kopf gehabt: die schnelle Fertigstellung einer Brücke, damit der Verkehr wieder fließen kann.
Übertragen auf unseren Alltag kann einmal geschaut werden, wo wir selbst Brücken bauen können. Sei es in der Kirche, in der Nachbarschaft oder auch im Beruf. Allein funktioniert es nicht. Es geht nur gemeinsam, indem über ein Problem gesprochen und nach einer konstruktiven Lösung gesucht wird. Denn die Kommunikation gerät gerade in der heutigen Zeit oftmals in Vergessenheit.
Fazit: Indem wir miteinander sprechen, etwas gemeinsam erreichen, bauen wir Brücken. Zu uns selbst und auch zu anderen. Daher lasst uns Brücken bauen und so nicht nur tiefe Täler überwinden.
Jenny Musall