Einheit durch Vielfalt

In dieser Woche äußerten sich sowohl Papst Leo als auch Bischof Bätzing zum Thema Segensfeiern für queere Menschen. Obwohl in der Sache unterschiedlicher Meinung, betonte der DBK-Vorsitzende die Einheit mit Rom. Es gebe keinen ‚bischöflichen Ungehorsam‘, sagte Bätzing. Stattdessen wird auf Einheit durch Vielfalt (der Meinungen) gesetzt.

Der Ansatz „Einheit durch Vielfalt“ fordert, Handlungsspielräume und Adaptionen vor Ort zuzulassen, sodass ortskirchliche oder kulturelle Unterschiede integriert werden und koexistieren können. Konflikte werden entschärft. Lokale Lösungen werden anerkannt und nicht als Bedrohung eines zentralen Einheitsbildes betrachtet.

„Einheit durch Vielfalt“ ist nicht nur eine pragmatische Notwendigkeit, sondern ein theologisches Prinzip, das das Wesen der katholischen Kirche widerspiegelt: Die Einheit der Kirche besteht aus der Verbundenheit aller Getauften und dem abrahamitischen Bund mit Gott. Aber diese Einheit darf nicht mit Uniformität gleichgesetzt werden. Eine vielfältige liturgische Ausgestaltung des Glaubens ist eine echte Bereicherung statt Gefahr.

Papst Franziskus: Vielfalt unter gemeinsamem Fundament möglich

Papst Franziskus betonte zu dieser Frage: „Wenn wir uns vom Heiligen Geist leiten lassen, werden der Reichtum, die Vielfalt und die Verschiedenheit niemals zu einem Grund für Konflikte“. Der verstorbene Heilige Vater verwies darauf, dass verschiedene Ausdrucksformen und Traditionen nicht die Einheit des Glaubens gefährden, sondern deren lebendige Kraft hervorheben, solange ein gemeinsames Fundament – etwa das Glaubensbekenntnis – bestehe.

Papst Leo XIV.: „Gemeinschaft als Einheit in der Verschiedenheit zu leben“

Auch sein Nachfolger, Papst Leo XIV., betonte bereits in seiner Antrittspredigt, dass die Kirche „in einer zerrissenen Welt ein Vorbild dafür sei, dass Vielfalt in der Einheit und ohne Krieg möglich ist“. Der aktuelle Papst versteht Einheit ausdrücklich nicht als „stromlinienförmigen Einheitsbrei“, sondern hebt hervor: „Es ist wichtig, zu lernen, Gemeinschaft als Einheit in der Verschiedenheit zu leben, damit die Vielfalt der Gaben, geeint im Bekenntnis des einzigen Glaubens, zur Verkündigung des Evangeliums beiträgt.“

Und Papst Leo geht sogar noch einen Schritt weiter und führt aus, dass eine falsch verstandene Einheit fatale Folgen haben könne: „Eine Politik, die kein Miteinander mehr kennt, sondern nur noch in Freund-FeindSchemata denkt […] proklamiert eine falsche Einheit, die Einheit der Ja Sager.“

Historiker: Vielfalt beugt Spaltungen vor

Kirchenhistoriker wie Hubert Wolf unterstreichen, dass pluralistische Umgangsformen und die Einbeziehung verschiedener Gruppen helfen, alternative Traditionen und Meinungen fruchtbar zu machen, statt auf ein einheitliches, von „oben verordnetes Modell“ zu setzen. Mit der Anerken- nung von Pluralität als kirchlich legitim wird nicht die grundlegende Ein- heit der Kirche gefährdet, sondern der interne Dialog gestärkt und Spal- tungen vorgebeugt, wie das Portal www.katholisch.de berichtet.

Weltkirche als Vorbild

Dieses Vorgehen kann die deutsche Kirche auch von der Weltkirche ler- nen. In Ländern wie Afrika und Asien, in denen die katholische Kirche „wächst“, es aber „in der Fläche“ nur wenige Hauptamtliche oder feste Strukturen gibt, haben Laien (mehr) Verantwortung übernommen und sich neue Formen von christlichen Gemeinschaften gebildet. (Lesetipp:Link). Trotz der Vielfalt in der Ausprägung besteht eine Einheit mit der katholischen Kirche und enge Verbundenheit mit den Bischöfen und dem Papst.

Fazit: Vielfalt gefährdet nicht die Einheit, sondern bewahrt sie

Sowohl Papst Leo XIV. als auch die Deutsche Bischofskonferenz betonen, dass echte Einheit nur in der Vielfalt möglich ist. Aus Sicht des Kommentators braucht die katholische Kirche unbedingt Vielfalt, um Einheit überhaupt bewahren zu können. Denn die Einheit der (katholischen) Kirche setzt keine Gleichförmigkeit voraus, sondern lebt von der Verschiedenheit, die sich im gemeinsamen Glaubensbekenntnis verbindet.

Der Ansatz „Einheit durch Vielfalt“ kann zudem dazu beitragen, Meinungsverschiedenheiten in der katholischen Kirche konstruktiv zu lösen, indem diese Unterschiede nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung verstanden werden. Der Ansatz lädt dazu ein, die jeweiligen Perspektiven, Traditionen und Charismen innerhalb der Kirche zuzulassen, anzuerkennen und in einen „Dialog auf Augenhöhe“ zu bringen.

Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)