Das Digitale ist das Normale

Am 7. September wurden auf dem Petersplatz in Rom die Heiligsprechungen von Carlo Acutis und von Giorgio Frassati durch Papst Leo vollzogen, die sein Vorgänger Papst Franziskus kanonisiert hatte. Der als „Cyber-Apostel“ bezeichnete Acutis steht dabei dafür, dass die „digitale Welt“ für die „Millennial-Generation“ identisch mit der „normalen Welt“ ist. Zugleich werfen die beiden Heiligsprechungen auch kritische Fragen auf.

Gerade für Jugendliche und junge Erwachsene sind digitale Teilhabe und die Wertschätzung digitaler Lebenswelten die zentralen Themen. Der auch als „Influencer Gottes“ betitelte Carlo Acutis wird dabei als erster „Heiliger der Digitalisierung“ sowie als Symbolfigur für die Verbindung von Glauben und digitaler Lebenswelt, besonders für die Generation der Millennials, bezeichnet. Deren Philosophie lautet: „Das Digitale ist das Normale“ und „es existiert“ keine Grenze zwischen ‚echt‘ und ‚virtuell‘.

BDKJ-Bundesvorsitzender Volker Andres würdigte gegenüber kath.de und explizit.net die Entscheidung von Papst Franziskus, die beiden Italiener zu kanonisieren; „Sie können daher Vorbilder sein, aus den Glauben heraus unsere Welt zu gestalten. Diese beiden jungen Heiligen zeigen deutlich, dass jugendliches Engagement unverzichtbar für die Kirche von heute ist und die Stimme junger Menschen gehört werden sollte.“

Neue Vorbilder, die aber auch Debatten auslösen

Trotz der positiven Aspekte, die die Heiligsprechungen vom 7. September 2025 für die Themen Jugend und Digitalisierung in den (katholischen) Kirchen bewirken können, dürfen auch die Ambivalenzen (z. B. Vereinnahmung durch die Kirche; mögliche Inszenierungsgefahr) als auch die kritischen Stimmen nicht unerwähnt bleiben. BDKJ-Bundesvorsitzender Volker Andres betonte dazu gegenüber kath.de und explizit.net weiterhin:

„Zugleich muss die Heiligsprechung v. a. von Carlos, die erstaunlich schnell vollzogen wurde, unter dem antijudaistischen Blickwinkel auf die eucharistischen Wunder auch kritisch betrachtet werden.“ Hierzu hat Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung, wertvolle Impulse gegeben: „Wir sehen die beiden Heiligsprechungen als Einladung, gesellschaftliche Teilhabe junger Menschen und Antisemitismus in der Kirche verstärkt und mutig in Debatten einzubringen.“

Das „Jubiläum der Jugend“ anlässlich des Heiligen Jahres hat einerseits gezeigt, dass Papst Leo bei den jungen Menschen Gehör findet. Aber der „kleine Weltjugendtag“ im Sommer 2025 in Rom hat andererseits auch gezeigt, „dass die (katholische) Kirche jugendnaher werden muss“ (Link.

Junge Stimmen nicht nur feiern, sondern hören und einbeziehen

Die Heiligsprechungen von Carlo Acutis und Giorgio Frassati sind ein starkes Signal für die jüngere Generation und sie können das kirchliche Engagement und die Identifikation – besonders der „Millennial-Generation“ – mit der katholischen Kirche stärken.

Gleichzeitig muss aber auch kritisch hinterfragt werden, wie die katholische Kirche mit ihren beiden Heiligen als Symbolfiguren für die jüngeren Generationen umgeht. Ist ihre Botschaft offen für unterschiedliche Lebensentwürfe und diverse Formen (religiösen) Lebens fernab konservativer Traditionen? Und ob und wenn ja, wie beteiligt sie junge Menschen bisher angemessen an einer (Neu-) Gestaltung der Kirche?

Eine Möglichkeit wäre, die „Millennial-Generation“ mehr in die Diskussion über die Zukunft der katholischen Kirche einzubeziehen, wie Papst Franziskus zu Beginn des synodalen Prozesses vorgeschlagen hat. Es ist wichtig, dass sie nicht nur im Fokus steht, sondern auch ein Stimmrecht hat.

Die Beteiligung von jüngeren Generationen an den Zukunftsfragen darf sich nicht darauf beschränken, dass Papst Leo „digitale Missionare und katholische Influencer“ in einer Messe im Petersdom empfängt oder zwei junge Vertreter der „Millennial-Generation“ per Heiligsprechung auf ein Podest erhebt, um dort „nur“ angebetet zu werden.

Fazit: Daher bleibt es die vordringliche Aufgabe, junge Stimmen in der katholischen Kirche nicht nur zu feiern, sondern tatsächlich zu hören und auch einzubeziehen!

Lesetipp zum Thema aus unserem Partnerportal explizit.net: Link

Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)