Pragmatismus statt Dogmen – kann die katholische Kirche Interkommunion ermöglichen und ihren Glaubenskern wahren?

Der Vatikan hat die deutschen Bischöfe beim Thema Interkommunion zurückgepfiffen. Ist die Situation jetzt eine andere als noch vor zwei Jahren?

Interkommunion war schon immer ein schwieriges Thema. Warum die einen nicht mit den anderen Brot essen wollen, das geht vielen Christen in Deutschland bis heute nicht ganz auf. Das liegt auch daran, dass die katholische Kirche in diesem Bereich lange Zeit schlecht kommuniziert hat. Jetzt steht sie allerdings wieder auf der Tagesordnung, und zwar auch an höchster Stelle.

Die Unterschiedliche Rolle des Abendmahls

Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und Bischof von Limburg, hatte gehofft, zum Ökumenischen Kirchentag 2021 endlich gemeinsam mit Protestanten das Abendmahl feiern zu können. Ein Papier, vorgelegt vom „Ökumenischen Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen“, schien ihm Recht zu geben. Die Wissenschaftler kamen darin zu dem Ergebnis, dass es keine theologischen Begründungen für die Ablehnung der Mahlgemeinschaft gebe. Stimmt das wirklich?

Fakt ist, das Abendmahl hat für Protestanten und Katholiken eine fundamental unterschiedliche Bedeutung. Während Katholiken an die wahrhaftige Anwesenheit Jesu Christi in der Hostie glauben, ist sie für Protestanten „nur“ ein Symbol. Dieser Unterschied ist entscheidend, vor allem von katholischer Seite: Gebe ich jemandem ein Stück vom Leib Christi und er kann es nicht wertschätzen, sondern sieht darin lediglich ein Stück Brot, kann sich das schnell wie eine Verhöhnung anfühlen.

Deutschland entscheidet nicht für die Weltkirche

Das scheint auch der Vatikan so zu sehen, jedenfalls regte sich dort Widerspruch gegen Bätzings Vorstoß. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass man dort fürchtet, die deutschen Bischöfe könnten im Alleingang Themen von gesamtkirchlicher Relevanz entscheiden. Etwas anders war das noch vor zwei Jahren: Damals hatte Papst Franziskus den Ortsbischöfen zugebilligt, über die gemeinsame Eucharistie gemischtkonfessioneller Ehepaare zu entscheiden.

Diese Situation war allerdings völlig verschieden von der jetzigen. Der Bischof hatte in diesem Fall, zumindest theoretisch, die Möglichkeit, mit den Ehepaaren zu sprechen, um die Probleme auszuräumen. Und es ist auch denkbar, dass Ehepartner Glaubensgrundsätze voneinander übernehmen, ohne gleich konvertieren zu wollen.

Realität und Dogma

Dagegen geht es momentan um eine offizielle Mahlgemeinschaft im großen Stil. Dass man das in Rom so erst einmal nicht zulassen kann, ist eigentlich klar. Dennoch sollte man sich auch dort wieder vermehrt mit dem Thema beschäftigen. Gerade in einer sich immer stärker säkularisierenden Welt haben die Kirchen eine bessere Chance, wenn sie zusammen stehen.

Dabei dürfen theologische Probleme allerdings nicht links liegen gelassen werden. Der Glaubenskern der Konfessionen muss gewahrt bleiben. Vielleicht sollte die katholische Kirche aber ihren Pragmatismus wiederentdecken, anstatt sich in scheinbar nicht neu interpretierbare Dogmen zu flüchten. Die Realität ist diesen wahrscheinlich ohnehin weit voraus: Niemand muss beim Empfangen der Kommunion einen Nachweis des eigenen katholisch-Seins mit sich führen. Wer kann also schon mit Sicherheit sagen, dass Protestanten nicht auch tagtäglich den Leib Christi empfangen?