Politik macht schlaff

Kaum hört die Sonne auf zu brennen, leeren sich die Schwimmbäder. Nur die wenigen Schwimmer kommen noch. Warum hat der Sommer nicht mehr Menschen zu Schwimmern gemacht? Es ist der falsche Deal der Parteien mit dem Wähler. Sie müsste nicht Spaßbäder bauen, sondern die Vereine neu entdecken.

Schwimmbäder sind eine sinnvolle Investition - in die Gesundheit der Erwachsenen, in die Beweglichkeit der Kinder und in eine positive Grundstimmung der Besucher. Wer die Szene in den öffentlichen Bädern beobachtet und Alternativen genutzt hat, kommt zu dem Ergebnis: Der Sommer hat nicht die Gesundheit, sondern das Erschlaffen befördert, kaum Kinder haben Schwimmen gelernt, kaum Talente wurden entdeckt. Schließlich haben die Volksparteien trotz Unterhalt der Bäder keine Wähler überzeugt. Wie hängt das Schwimmbad mit dem Zustand der Politik zusammen?

Der falsche Deal mit den Wählern

Man kann Politik mit Protest machen. Diese Parteien gewinnen Wählerstimmen. Die bisherigen Volksparteien halten mit Wohltaten dagegen. "Wählt uns, denn wir tun so viel Gutes für Euch". Zwar werden aus Schwimmern nicht unbedingt SPD-Wähler, aber Mitglieder eines Schwimmvereins neigen nicht zum Protestieren. Denn ob Artikulation einer Unmutsstimmung oder Verbreitung einer Wohlfühlatmosphäre, das Wahlvolk kann passiv bleiben. Daraus entsteht eher Verdrossenheit als aktive Beteiligung. Es fängt bei den Funktionären an. Wenn Sie wie die Bademeister nur herumsitzen und an Umfang zulegen, liegen die Leute auch nur herum. Anders bei den Vereinen:

Kinder und Jugendliche zum Schwimmen bringen

Es gibt einige wenige Bäder, die Vereinen gehören. Da geht es anders zu. Am Umgang mit Kindern kann man das beobachten. In Ferienzeiten ist es für die Betreuer von Freizeiten eine einfache Lösung, ins Schwimmbad zu gehen. Da können die Kinder toben, die Rutschbahn nutzen, Ball spielen. Nach einer Weile kommen sie allerdings auf andere Gedanken, springen von der Seite ins Becken, schwimmen quer, so dass die Erwachsenen unmutig werden, tauchen plötzlich vor den Schwimmern auf und überlegen sich Streiche. Da kommen die Bademeister sogar in Bewegung und vertreiben die Buben aus der Dusche, wo diese sich eine Wasserschlacht geliefert haben. Anders im vereinseigenen Bad. Da hängen die Bademeister nicht träge herum, es gibt sogar Frauen. Sie empfangen die Kinder und Jugendliche nicht als lästige Aufpasser, sondern als Trainer. Es gibt auch keine Wasserschlachten in den Duschen, sondern Schwimmen, einfach Schwimmen, aber das abwechslungsreich. Das Bad leert sich auch nicht von Erwachsenen, wenn ein paar Wolken aufziehen.

Talente entdecken

In einem städtischen Freibad konnte ich über Tage einen Vierzehnjährigen beobachten, der sich selbst den Salto beibrachte. Gäbe es zu dem Schwimmbad einen Verein, würde dieses Talent gefördert. Im städtischen Umfeld zog er die Blicke der Mädchen auf sich, nicht die der Bademeister.

51% der Bonner Bürger

Die Bonner Kommunalpolitiker wollten ihre Wähler mit einer Bäderlandschaft beglücken. Es wird ja mehr sonnenreiche Sommer geben. Bei einem Bürgerentscheid gab es eine knappes Ergebnis, das hoffen lässt. Offensichtlich haben die regelmäßigen Schwimmer abgestimmt und die Sonnenbader mit ihren kurzen Abkühlungszeiten im Wasser blieben, wie auch sonst bei Wahlen, bequem vor dem Fernseher sitzen. Wären die Volksparteien jetzt so klug, Vereine einzubeziehen, dann wären durch deren Beträge ein guter Teil der Kosten gedeckt, Kinder und Jugendliche würden zu Schwimmern und Schwimmerinnen und die Senioren würden sich ins Becken trauen, weil für sie eine Bahn abgetrennt wäre, in der sie nicht ständig mit Schwimmern zusammenstoßen. Schließlich würden mehr Schwimmer das Becken nutzen. Wenn nämlich die Bahnen durch Seile voneinander abgetrennt sind, können diese in zwei Richtungen "beschwommen" werden. Außerdem würden die Wellen noch besser geglättet.

Subsidiaritätsprinzip

In der katholischen Soziallehre spricht man von Subsidiarität, dass nämliche die höhere Ebene nicht etwas macht, was die untere kann. Vereine sind die Organisationsform, die dieses Prinzip konkret verwirklichen. Von den Parteien scheinen es nur noch die Linke und die CSU gezielt einzusetzen. Diese Myzel löst sich auf, wenn es zu viele Hauptamtliche gibt. Denn diese verstoßen, obwohl voll guten Willens, ständig gegen das Subsidiaritätsprinzip, weil sie ja das machen, was früher die Vereine gemacht haben. Die Katholische Kirche in Deutschland hat so ihre lebendige Vereinsstruktur extrem ausgedünnt. Dafür brauchte es kein Gramm Gift, es genügte der gute Wille, befreit von der Tugend der Klugheit.

dazu:

Kirche ist wie Fernsehen – wie macht sie aus ihren Mitgliedern Konsumenten? SPD und die Kirchen brauchen aktive MitgliederEckhard Bieger. Letzter SPD-Artikel