Das Netz braucht eine neue Währung

Facebook versucht gerade mit einer breit angelegten Werbekampagne sein Image aufzupolieren. Instagram kämpft derweil mit Berichten über immer mehr Influencer, die ihre Follower „kaufen“ und damit Fans und Werbekunden täuschen. Es zeigt sich, dass das Streben nach immer höheren Followerzahlen am Ende ist und das Netz stattdessen eine neue Währung braucht: „trust“ = Vertrauen.

Was User im Netz „glauben“, das wird maßgeblich aus der Filterblase ihre Freunde und gelikter Inhalte in sozialen Netzwerken generiert. „Influencer“ versuchen – im Auftrag von Unternehmen – vor allem in YouTube und Instagram die User durch coole Bilder, Locations und Technik für eine Marke zu begeistern. Bisher waren dabei die Followerzahlen, Likes und Kommentare für viele User ein Anhaltspunkt, welchen Stellenwert / Beliebtheit ein Influencer hat. Doch diese Fassade bröckelt gewaltig.

Gekaufte Freunde

Instagram-Influencer Aleks F. gab gegenüber der Westdeutschen Allgemeine Zeitung (WAZ) zu, dass immer mehr Influencer Follower „kaufen“, um von Unternehmen wahrgenommen zu werden. „Ich habe Follower gekauft. So wie viele andere auch, denn Instagram ist nicht echt“, betonte er im Beitrag „Die große Instagram-Lüge“ der Funke Mediengruppe am 24. Juli. 100 Follower für nur 2,99 EUR, wer kann bei diesen Schnäppchenpreisen schon nein sagen, wenn nachher lukrative Testprodukte oder Reisen winken? Zudem sprechen sich laut Aleks F. Influencer in „Pods“ (nichtöffentliche Chatgruppen) ab, dass sie untereinander neue Beiträge „liken“ und kommentieren, um damit gegenseitig die Interaktionsraten und die Beliebtheit nach oben zu treiben. Fehlen nur noch Preisabsprachen, dann hat die virtuelle Welt – ganz ohne das Dark Net – die Machenschaften in der realen Welt ein- und überholt. Und die „gekauften“ Follower von Aleks F. sind kein Einzelfall. Laut Mona Hellenkemper von der Agentur „Influencer DB“ zeigen ein Viertel der untersuchten 1,7 Millionen Instagram-Profile „Fakeverhalten“ (Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung).

Auf der Strecke bleibt die Userin oder der User, die sich sonst gerne an den Amazon-Kundenbewertungen oder den Hotelbewertungen in diversen Portalen bei ihren Entscheidungen orientieren. Amazon versucht schon länger „gefakte“ Bewertungen beispielsweise durch die Kennzeichnung von „verifizierten“ Käufern entgegenzutreten und auch Facebook hat in seiner neuen Werbekampagne „Ein besseres Facebook“ angekündigt, verstärkt gegen Fake News / Einträge vorzugehen. Dies soll dadurch erreicht werden, dass Beiträge mit Fake News „herabgestuft“ und Seiten, auf denen oft Fake News verbreitet werden, nicht mehr an Monetarisierungsmöglichkeiten wie Anzeigen und Instant Articels teilnehmen dürfen. Ein längst überfälliger Schritt, doch ob er ausreichen wird?

Wem vertrauen?

Das Streben nach immer höheren Followerzahlen, egal ob „echt“ oder „gekauft“, kann nur dann durchbrochen werden, wenn Unternehmen das von ihnen selbst initiierte Spiel nicht mehr mitmachen und stattdessen auf eine neue aber doch ganz alte Währung setzen: „trust“ = Vertrauen!

Das was Meinungsforscher sonst auch Politikern mit schlechten Imagewerten raten, sollte auch im Netz einen höheren Stellenwert bekommen: „Vertrauen“ und „Echtheit“. Okay, das klingt jetzt ein bisschen naiv, auch ich weiß wie die Aussicht auf „schnelles Geld“ die Akteure im Netz zu allen irgendwie halbwegs legalen Mitteln greifen lassen. Aber wie wäre es, wenn wir User bereit wären, für Informationen, die gründlich recherchiert und von neutraler Stelle auf Fake News überprüft worden sind, mehr Geld zu geben? Dann hätten die ebenfalls mit schlechtem Image belegten Journalistinnen und Journalisten – finanziell unabhängig, da durch einen „Mindestlohn für Internetworker“ abgesichert – die Chance, die neuen „Influencer“ im Netz zu werden. Ich muss sagen: Das gefällt mir!