„Wir haben hier eine große Chance“

„Kann Kirche sich erneuern? Über Macht und Reformansätze“ über diese Frage referierte der ZdK-Vizepräsident Thomas Söding vor einer Woche (19. April 2023) auf Einladung des Katholikenrates Bochum + Wattenscheid. Für das Portal kath.de war Christian Schnaubelt beim Diskussionsabend zum „Synodalen Weg“ in Wattenscheid dabei, bei dem Prof. Söding betonte: „Wir haben hier eine große Chance, wenn wir Synodalität in der Kirche leben.“

Christian Schnaubelt

Am 11. März 2023 ist „Der Synodale Weg“ in Frankfurt zu Ende gegangen. 15 Beschlüsse wurden auf den Synodalversammlungen beschlossen. Die Frage nach der Macht in der katholischen Kirche hat den dreijährigen Prozess durchgehend begleitet. Prof. Thomas Söding, der an der katholischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum lehrt, hat den Prozess als Teil des vierköpfigen Synodalpräsidiums und als ZdK-Vizepräsident hautnah miterlebt.

Dass sich die katholische Kirche verändern muss, hat die Bestandsaufnahme nicht nur in Deutschland, auch in Australien und Lateinamerika, belegt. Thomas Söding benannte beim Diskussionsabend im Bistum Essen vier Problemzonen: „Demokratie in der Kirche, Zölibat, Frauenrechte und die Überwindung von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung“. Auch bei den europäischen Beratungen in Prag wurde aus seiner Sicht deutlich: „Mit dem Status quo ist niemand zufrieden. Ob die Ursache ein Verfassungsproblem oder nur ein Kommunikationsproblem ist, wurde allerdings durchaus unterschiedlich angesehen.“

„Die Kirche hat sich 2.000 Jahre lang verändert“

Dabei stellt sich für Prof. Söding die Frage nach der Veränderungsmöglichkeit von Kirche grundsätzlich nicht. „Die Kirche hat sich 2.000 Jahre lang verändert und wird sich auch jetzt ändern. Die Frage ist nur, ob sie sich verändert oder verändert wird?“

Die Kraft für Veränderungen in der Kirche liegt aus Sicht des katholischen Theologen in der „gelebten Synodalität von Kirche“. Gerade dies habe Papst Franziskus auch mit der bevorstehenden „Weltsynode“ angeregt. „Wir haben hier eine große Chance“, so Söding.
Doch der „Koloss Kirche“ bewegt sich aus Sicht von Thomas Söding aktuell „langsam – zu langsam“. Dennoch seien aus vor allem die Laiinnen und Laien, die diesen Prozess voranbringen wollen und müssen. „Denn zu viele Bischöfe handeln bisher nur bedingt“.

„Bischöfe müssen die Zeichen der Zeit erkennen“

Der „Synodale Weg“ hat den sog. ‚Laien‘ einiges abverlangt“, betont Thomas Söding rückblickend und resümiert: „Wir haben die Tür geöffnet und sind soweit gegangen, wie wir mit den Bischöfen gehen konnten. Es hätte aber noch weitergehen müssen.“ Auf die Frage nach den „Bremsern“ des Reformprozesses fällt Södings Antwort eindeutig aus: „Es liegt ein politisches Versagen von denjenigen vor, die sich der Machtfrage nicht gestellt haben, und zudem haben wir eine Kurie, die die Machtfrage zwar erkannt hat, aber durch Verbote reagiert, die nur begrenzte Wirkung haben.“ Aus Sicht des ZdK-Vizepräsidenten lautet die Forderung an die Bischöfe daher auch unmissverständlich: „Verteilt die Verantwortung“. „Die Gläubigen müssen darauf setzen, dass die Bischöfe die Zeichen der Zeit erkennen. Das Vertrauen in sie ist tief erschüttert; es muss und kann zurückgewonnen werden. Durch Anerkennung, Dialog und Partizipation.“