Wenn ein Stiefel nicht mehr reicht

Am Nikolaustag haben wieder Kinder auf der ganzen Welt gespannt und neugierig vor die Tür geschaut, um zu sehen, was ihnen der Nikolaus in den Stiefel gelegt hat. Doch was sich heutzutage alles vom Nikolaus gewünscht wird, passt längst nicht mehr in einen Kinderstiefel.


Foto: www.nikolausinitiative.de

Ein Mix der Traditionen und Legenden

Der 6. Dezember gilt, allgemein bekannt, als Nikolaustag. Dabei sieht der Nikolaus, der heute gerne als Schokoladenfigur verschenkt wird, gar nicht aus wie der eigentliche Nikolaus, handelt es sich dabei doch ursprünglich um den Heiligen Nikolaus von Myra. Und der trug mit Sicherheit keine rote Bommelmütze und auch keinen weißen Rauschebart. Doch die Haarspalterei um das Aussehen des Gabenbringers und, ob es sich bei ihm nun um den Bischof Nikolaus oder den Weihnachtsmann handelt, ist auch eher zweitrangig für die Kinder. Hauptsache er bringt Geschenke. Denn als Geschenkebringer wird der Nikolaus schließlich schon seit mehr als 600 Jahren verehrt. Unsere Form des Nikolaus-Brauchs geht auf das sogenannte „Bischofsspiel“ aus dem 14. Jahrhundert zurück, das von zahlreichen Klosterschulen praktiziert wurde. Dort durfte sich am Nikolaustag ein Schüler als Bischof verkleiden und die anderen Schüler für ihr Betragen belohnen oder bestrafen. Dass dies genau am Gedenktag des Heiligen Nikolaus stattfand, kommt auch nicht von ungefähr. Denn einer Legende nach half der Nikolaus drei verarmten Mädchen aus der Not, indem er ihnen nachts durch das Fenster jeweils einen Goldklumpen in Form eines Apfels zum Fenster hinein warf.

„Äpfel, Nuss und Mandelkern…

…essen fromme Kinder gern“, heißt es von Theodor Storms Knecht Ruprecht. Traditionell füllt der Nikolaus nämlich die Stiefel der Kinder mit Äpfeln, Nüssen und Mandarinen. Doch das genügt vielen Kindern heute nicht mehr. Obst, das mag ich nicht, das ist mir zu gesund und gegen Nüsse bin ich allergisch. Heute wird daher eine Auswahl des Ungesundesten, was die Süßigkeiten-Abteilungen zu bieten hat, in die Stiefel der Kleinsten gepackt. Nicht zu vergessen natürlich der Schokoladenweihnachtsmann, der uns als Nikolaus verkauft wird. Doch die Nascherei ist bei vielen nur Nebensache, schließlich gibt es sie das ganze Jahr über. Geschenketechnisch wird der Nikolaustag immer mehr zu einem kleinen Vorboten von Weihnachten. Spielfiguren, Videospiele, manches Kind erhofft sich sogar, ein Handy im Stiefel zu finden. Im Schnitt geben Eltern in Deutschland rund 30 Euro pro Kind für Nikolausgeschenke aus. Die Kleinen freut‘s.

Nicht nur ein Tag für Kinder

Doch so wird das genaue Gegenteil von dem praktiziert, wofür der Nikolaus eigentlich steht. Wir fördern heute das Nehmen und Bekommen. Bischof Nikolaus steht für das Teilen und Geben: Er verteilte sein reiches Erbe, um Armen etwas Gutes zu tun. Ein Computerspiel lässt sich schließlich viel schlechter teilen als ein Apfel oder eine Handvoll Nüsse. Viel aufregender als ein Geschenk neben dem viel zu kleinen Stiefel ist meist ohnehin ein Treffen mit dem Nikolaus. Denn zum Brauchtum gehört auch, dass der Nikolaus immer wieder Kindergärten, Firmen und Familien besucht. Und dabei werden nicht nur die kleinsten nervös, wenn es um die Frage geht, ob man denn auch brav und artig war. So lädt der Nikolaustag nicht nur zum Geben und Schenken ein, sondern auch zur Reflexion des eigenen Verhaltens. War ich wirklich immer brav und gut zu meinen Mitmenschen? Der Heilige Nikolaus ist nicht nur der Schutzpatron der Kinder, sondern auch der Alten.